Dass die außenpolitische Gewalt heutiger Staaten mit der kapitalistischen Wirtschaftsweise in ihrem Inneren "zu tun hat", gehört zum Grundbestand linker Gesellschaftskritik. Wenn es aber ans Erläutern und Begründen dieses Zusammenhangs geht, begnügen sich viele mit Kurzschlüssen. Man versucht ökonomische Interessen für Krieg zu identifizieren, prangert "Krieg für Öl" oder andere Bodenschätze an und kann sich vorstellen, dass eine Regierung schießen lässt, weil der „militärisch-industrielle Komplex“ Waffen verkaufen will. Man sieht die handelnde Regierung als unfreien Hampelmann einiger privater Geschäftsinteressen, etwa US-Präsident Bush als den verlängerten Arm von Ölkonzernen und Halliburton. Allerdings stehen diesen privaten Kapitalinteressen auch in den USA mindestens ebenso viele andere entgegen, die durch Krieg ihre Geschäftsbeziehungen ruiniert sehen und die ihre Profite im Frieden besser aufgehoben sähen. Ein nationales Interesse des kapitalistischen Gemeinwesens an der Beherrschung und Unterordnung anderer Staaten, das private Interessen auch verletzt und für die große Sache in den Dienst nimmt, wird so gerade nicht erwischt.
Erst recht versagt das kurzschlüssige Verfahren, wo man etwa bei den deutschen Einsätzen in Afghanistan, am Horn von Afrika oder vor der libanesischen Küste – nichts findet, was abzuholen wäre. Dann fallen auch linke Kritiker mehr oder weniger offen auf die eigentlich abgelehnten Auffassungen der bürgerlichen Politikwissenschaft zurück, die es sich leicht macht und einfach "Faktoren internationaler Konflikte" sammelt: Einerseits weiß sie von "ökonomischen Interessen" die Staaten aneinander haben, die aber hält sie für prinzipiell konsens- und kompromissfähig. Andererseits kennt sie ein "Machtstreben der Staaten", das sie, weil sie es nicht erklärt, zu einer tief in der Menschennatur verankerten Polit-Konstante verklärt, die mit Kapitalismus nichts mehr zutun hat.
Peter Decker will mit seinem Vortrag den Zusammenhang von Weltmacht und Weltmarkt einmal grundsätzlich thematisieren.
„Imperialismus heute“: Das ist zum einen der ökonomische Verkehr zwischen kapitalistischen Staaten in der globalisierten Weltwirtschaft, die Konkurrenz, die sie sich um den modernen "Reichtum der Nationen" liefern, beim Einkauf von Rohstoffen über den Verkauf von Industrieprodukten zur Konkurrenz nationaler Kapitalstandorte bis zur internationalen Konkurrenz um die Güte des nationalen Gelds. In ihrer "Sicherheitspolitik" zum anderen geben die weltwirtschaften den Nationen zu erkennen, wie wenig sie sich auf ihre Sprüche vom „gegenseitigen Nutzen“ des „friedlichen Handelsverkehrs“ und auf eine automatische Wirkung der „Sachzwänge der Globalisierung“ verlassen. Mitten im Frieden liefern sie sich neben der ökonomischen eine zweite, strategische Konkurrenz als Gewalten, um den ihnen nützlichen Frieden mit Kriegsdrohungen erzwingen bzw. in ihrem Sinn korrigieren zu können. Gerade der vollendete Weltmarkt beruht offenbar auf einem umfassenden und dauerhaften Abschreckungsregime einiger Großmächte gegenüber dem Rest der Staatenwelt. Erst die Vernichtung aller Alternativen und die Bestrafung aller Versuche dazu erzeugen für alle Staaten die Alternativlosigkeit und damit den Sachzwangcharakter der heutigen Weltwirtschaft.
Darum geht derzeit der Krieg der USA "gegen den Terrorismus“. Er ist Amerikas aktueller Kampf um Universalität und Lückenlosigkeit dieses Abschreckungsregimes; nicht nur die islamistischen Feinde, sondern alle Staaten werden da vor die Wahl gestellt, sich entweder als Helfershelfer amerikanischer Unangreifbarkeit zur Verfügung zu stellen, oder selbst in die Ecke der Terror- oder Terrorunterstützerstaaten gerückt zu werden. So ringen die USA zusammen mit und zugleich gegen neue und alte Verbündete um das globale Monopol auf Krieg: „Imperialismus heute“
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