Unbestreitbar, der Mann Gottes ist in jeder Hinsicht ein Ausnahmeathlet. Seine Feldmesse in Regensburg wird ein Megaevent, das den Auftritt berühmter Popstars locker toppt. Nicht nur gläubige Fans, auch weltliche Gemüter und die BILD-Zeitung sind begeistert: "Wir sind Papst!" Im Zeitalter moderner Naturwissenschaft, die vom kleinen Atom bis zum großen Universum alles er forscht und Erkenntnisse liefert für unsere sogenannte "Wissensgesellschaft", macht sich das pure Bekenntnis zum Glauben an einen Höchsten im Jenseits nicht lächerlich. Im Gegenteil. Obwohl glauben ja ausdrücklich heißt, nichts zu wissen, gilt der Papst in allen wichtigen Fragen unseres Da seins als kompetent. Ob Gentechnik oder Abtreibung, Pille oder Ehe, Krieg oder Frieden, der Rat des obersten Kirchenmannes, ob danach gefragt oder nicht, hat Gewicht. Er verkündet seine Glaubenswahrheiten – eine contradictio in adiecto – auch noch ungeniert mit dem Anspruch eines Unfehlbarkeitsdogmas.
Was macht eine Religion, die vor über 2000 Jahren erfunden wurde, so attraktiv für aufgeklärte Zeitgenossen in einer modernen Demokratie und Marktwirtschaft?
Der Papstbesuch ist eine Staatsaffäre. Autobahnen werden gesperrt, Kampfflugzeuge sichern den Luftraum, wenn Papa mit seinem Mobil unterwegs ist. Die Bayerische Staatsregierung richtet dem Inhaber des "Heiligen Stuhls" als Souverän einen Staatsempfang aus, bei dem sogar zur militärischen Ehrung des Gastes das "Gewehr präsentiert" wird, Bergpredigt hin oder her. Die Kirche unserer Tage hat keine Macht und sie ist keine. Was schätzt der Staat an der Religion und ihrer Institution so sehr, dass er sie wie eine reale Macht hofiert?
Kritiker melden sich auch zahlreich zu Wort. Dem Glauben und seinen Anhängern wollen sie aus drücklich keinen Vorwurf machen. Der Institution Kirche sehr wohl. Was kostet der Besuch überhaupt? Wäre das Geld nicht für die Armen viel besser angelegt? Warum zahlt nicht die Kirche dafür sondern die Bayerische Landesregierung? Darf sie das überhaupt, Steuergelder auch von nicht katholischen Bürgern für die Papstorgie verpulvern?
Eine Kritik, die die Institution Kirche angreift, nicht aber den Glauben, der sie notwendig macht, taugt nichts. Warum, auch darüber mehr auf der Veranstaltung.
Teil 1: Das moderne bürgerliche Bedürfnis nach Moral und Sinn
Teil 2: Der christliche Glaube: Warum ein 2000 Jahre altes Sinnangebot heute verfängt
Teil 3: Die Institution Kirche: "dogmatisch", "hierarchisch", "machtbewusst" nicht besser als der Glaube, dem sie dient
Teil 4: Staat & Kirche: ein historischer Kompromiss zu beiderseitigem Nutzen
Teil 5: Diskussion
Teil 6,7,8: Diskussion
Veranstalter: Forum Kritik Regensburg
Weitere Publikationen zum Thema von argudiss oder von anderen:
VOM CHRISTLICHEN GLAUBEN in MSZ 84-7 beim GegenStandpunkt-Verlag
Die Sache mit der Religion in GegenStandpunkt 2-05
Leichte Enttäuschung nach dem großen Mea Culpa: Das Versäumnis des Papstes in GegenStandpunkt 2-00
Papst Benedikt XVI. und der Holocaust-Schlamassel: Fundis unter sich in GegenStandpunkt 1-09