Mit seinem konstruktiven Vorschlag, der deutsche Nachfolgestaat des faschistischen III. Reiches möge doch seinschlechtes Gewissen wegen des Genozids an den europäischen Juden dadurch beruhigen, dass er dem zionistischen Staatsgründungsprojekt ein Territorium in der Nähe des Tatorts, also im Herzen Europas frei räumt, liegt der iranische Präsident in der Sache ebenso gravierend daneben wie bei seinen spekulativen Beiträgen zur empirischen Geschichtsschreibung bezüglich der Faktenlage: In seinem anti-israelischen Eifer affirmiert Ahmadinedschad zumindest rhetorisch die Ideologie der Freunde & Förderer des Judenstaats in Palästina, beim Projekt einer kapitalistischen Staatsgründung auf dem Boden arabischer Gemeinwesen und gegen die autochthone Bevölkerung handle es sich um einen Akt der Wiedergutmachung an den Opfern, Überlebenden und Nachkommen eines von Hollywood als "Holocaust" allegorisierten totalen Kriegs des nationalsozialistischen Reichs gegen seine zum Hauptfeind der deutschen Nation erklärte jüdische Bevölkerung.
Mit dieser Lebenslüge, die zu jeder Zeit und bei jeder sich bietenden Gelegenheit von den Staatsmännern Israels und ihren Paten und Bündnispartnern abgerufen wird, gerät ein stinknormales Staatsgründungsprojekt mit Gewalt (mit was denn sonst!?) gegen alles, was ihm im Wege steht, zum humanitären Akt, der der politischen Korrektheit ein persönliches Engagement abverlangt, an dem entlang sich das Gute vom unverbesserlich Bösen scheidet.
Die Gründung eines modernen kapitalistischen Staates mit unbegrenzter Kapitaldeckung und jeder Menge sozialdemokratischer Ideale bei der politischen Führungsmannschaft mitten im traditionellen Einflussgebiet der Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich: Das fand 1948 in den Vereinten Nationen sogar die Zustimmung der Sowjetunion, ungeachtet der eindeutig prowestlichen Ausrichtung Israels und seiner finanziellen Aus- und vor allem militärischen Aufrüstung durch die USA. Vom formellen Akt der Staatsproklamation bis heute wird die Schaffung einer "Heimstatt" für die im Rest der Welt nach Auffassung der zionistischen Theoretiker aufgrund ihres Volkscharakters prinzipiell unbehausten Juden als Geschichte eines Dauerkriegs geschrieben: Zuerst gegen Leute, die das Pech gehabt haben, vor den Juden auf dem Gebiet des Judenstaates ansässig gewesen zu sein, und in der Folge gegen die Nachbarstaaten sowie die gesamte Region von Bagdad bis Tunis und vielleicht demnächst nach Teheran! Selbst angesichts des jüngsten Waffengangs, bei dem die Blutspur der israelischen Luftwaffe in libanesischen Dörfern und den südlichen Stadteilen Beiruts die Idylle vom "Überlebenskampf" des tapferen, kleinen David selbst für die hartgesottensten Parteigänger der überlegenen Gewalt und des "Krieges gegen den Terrorismus" an allen dazu erklärten Frontabschnitten in vorübergehenden Erklärungsnotstand versetzt hat, bleibt die prinzipielle Parteilichkeit für den Staat Israel und sein unantastbares Gewaltmonopol in der Region intakt.
Kritik kommt doch noch, nachdem sorgfältig die klassischen Torheiten der bürgerlichen Affirmation des Krieges als dem Mittel der Politik zelebriert worden sind: Erstens die Schuldfrage, d.h. wer hat angefangen. Hier hat die israelische Regierung die interessante Neuerung in der rechtlich-moralischen Urteilsfindung über das Gemetzel durchgesetzt, dass die Gefangennahme von Teilen der kämpfenden Truppe durch einen nicht als Staat antretenden Kriegsgegner ein besonders übles Verbrechen und ein veritabler Kriegsgrund sei. Zweitens der Vergleich der von den Kontrahenten ausgeübten Gewalt. Auch hier versteht es sich wie von selbst, dass die psychische Belastung israelischer Bürger, die glatt ganze Tage und Nächte in ungemütlichen Bunkern ausharren müssen, weil die islamische Miliz immer noch über Raketen verfügt und diese sogar auf das Gebiet ihres Kriegsgegners abfeuern kann, und die Vertreibung der Bevölkerung aus dem Südlibanon mittels Flächenbombardements sorgfältig gegeneinander aufgerechnet werden. Das führt dann zur gerechten Schlussfolgerung, dass sich die israelische Führung womöglich in der Verhältnismäßigkeit der Mittel vergriffen haben könnte, was aber umgehend durch denn viel pikanteren Skandal übertrumpft wird, dass der Oberkommandierende des Tsahal vor dem ersten Einsatzbefehl Aktien verkauft hat. Genau auf diesem Niveau der Kriegskommentierung lässt sich dann ein auf- und abgeklärtes kritisches Bewusstsein den Genuss einer demokratisch erlaubten antisemitischen Reminiszenz nicht nehmen: Während "wir" Deutsche so mustergültig aus Auschwitz "gelernt" haben, dass deutsche Politiker jetzt glatt auch noch und nicht zuletzt wg. Auschwitz ein Auswärtsspiel der Bundeswehr im Libanon zum Auseinanderhalten von islamischen Freischärlern und hebräischen Soldaten ventilieren, führen sich die Juden als Israelis völkerrechtlich unmöglich auf! In Wahrheit zeigt eine Analyse der wirklichen Gründe aller und damit auch dieses Krieges Israels seinen ganz stinknormalen Charakter in der besten aller möglichen Welten, also der des demokratischen Imperialismus: Ein Staat, der für sich als sein Staatsvolk per Konstitution alle Juden auf der ganzen Welt reklamiert, will seit seiner Gründungserklärung für dieses Volk, das er noch gar nicht vollzählig versammelt hat, Lebensraum schaffen. Neben dem (Staats)Volk ist das (Staats)Territorium die elementare Basis staatlicher Macht. Gegen dieses Prinzip hatten die Ureinwohner Amerikas keine Chance und die deutsche Bundesrepublik hat in der NATO für einen nuklearen Krieg gegen die Sowjetunion aufgerüstet, bis Gorbatschow die DDR freiwillig rausrückte. Auch die völkische Sortierung, mit der Israel sich sein auserwähltes Staatsvolk möglichst frei von Arabern erhalten will, entspricht durchaus dem ganz normalen demokratischen Rassismus, von dem jeden Tag 100 Bootflüchtlinge berichten könnten, die nach Europa wollen und nicht dürfen, weil sie per se ausgegrenzt sind und nicht hierher gehören. Demokratische Staaten treffen ganz ohne Krieg rechtsstaatlich einwandfreie Unterscheidungen, wer zu ihnen gehört. und wer nicht, die für viele Menschen tödlich sind. Während "normale" Staatswesen in der imperialistischen Welt ihren anerkannten Platz ausfüllen, als Macher, Mit-Macher und - wie die BRD - je nach Interessenlage und Machtverhältnissen beides, ist das israelische Staatsprojekt nach eigenem Verständnis noch unvollendet und gebietet die Entfernung der arabischen Bevölkerung aus dem israelischen Staatsgebiet incl. den seit 1967 besetzten Gebieten bzw. die Absperrung von Streifen wie Gaza als Internierungslager für 1,4 Mio. Palästinenser. Die feindselige Reaktion der Nachbarstaaten, denen die "Heimkehr" von Juden in ihr alttestamentarisch verbrieftes Land Flüchtlingsmassen beschert hat und Israels heutige Vorwärtsverteidigung eine permanente gewaltsame Relativierung aller Bestrebungen eines arabischen Nationalismus, erklärt sich der israelische Nationalismus als Wirkung ideologischer Verführung, früher durch den sowjetisch inspirierten arabischen Sozialismus, aktuell durch den islamischen Fundamentalismus oder immer wieder schlicht als unbelehrbaren Antisemitismus eines minderwertigen Menschenschlags. Praktisch behandelt Israel die Ablehnung seines Anspruchs auf Hegemonie in der Region als Sicherheitsproblem. Im jüngsten Krieg wird der komplette Staat des Libanon in seiner Existenz zerrüttet, weil er sich nicht als obersten Staatszweck die Entwaffnung und Verhinderung jedweden organisierten Widerstands gegen Israel zum Ziel setzte. Mit Syrien wird über die Rückgabe der Golan-Höhen erst verhandelt, wenn es die israelische Souveränität bei der Behandlung der Palästinenser anerkennt und jegliche Unterstützung der Hizbullah einstellt. Der Iran fängt sich die Drohung eines Präventivschlags der israelischen Luftwaffe ein für den Fall, dass die Regierung in Jerusalem sein Atomprogramm zur "Gefährdung israelischer Sicherheitsinteressen" erklärt. Israel reklamiert für sich ein Monopol auf Gewaltanwendung und Krieg in der gesamten Region und zwar nicht erst für den Fall einer akuten Bedrohung seiner Grenzen oder seiner "inneren Sicherheit", sondern zur Zerschlagung jedes organisierten Widerstands gegen seine Vorherrschaft in der Region.
Das geht selbstverständlich nur, weil die USA ihren ältesten und verlässlichsten Verbündeten in der Region kämpfen lassen - in der doppelten Bedeutung des Wortes ‚lassen’: Die Adressaten des israelischen Vernichtungskriegs, Hizbullah und Hamas, fallen für die USA unter die im "Krieg gegen den Terrorismus" für vogelfrei erklärten Terrororganisationen, denen jeder politische Existenzgrund abgesprochen wird, die also bloß "antiamerikanisch" sind, weil sie "unsere Werte hassen". Syrien und Iran sind nach amerikanischer Definition "Schurkenstaaten", weil sie als Gegner amerikanischer Kommandohoheit über die nahöstliche Staatenwelt nicht von der Unterstützung solcher Organisation ablassen wollen. Indem Israel diese Gruppierungen dezimiert, schwächt es gleichzeitig die Unterstützer, die mit diesen bewaffneten Organisationen gleichzeitig ihre Einwirkungsmöglichkeiten verlieren. Als für Israel kollaterale, für die USA hingegen sehr willkommene Wirkung bringt die Ohnmacht der Staaten in der Region angesichts der überlegenen israelischen Militärmaschinerie die USA als den Ausrüster Israels, ohne dessen Patenschaft Israel nicht einmal über genügend Streubomben für einen länger andauernden Terror gegen die Zivilbevölkerung verfügen würde, geschweige denn über die Wuchtbrummen zur Zerstörung "unterirdischer Kommandozentralen", einmal mehr nachdrücklich in die Position, als einzige Macht Israel zum Waffenstillstand "überreden" zu können; so sind die USA die letztendlich zuständigen
Entscheidungsträger über Krieg und Frieden im Nahen Osten.
Und die Palästinenser? Sie sind endgültig bloß noch ein "Sicherheitsproblem" für Israel. Nach der „falschen“ Wahlentscheidung des eingesperrten Volkes wird das Führungspersonal der Autonomiebehörde als Terrororganisation eingestuft und entsprechend behandelt, d. h. eingesperrt oder vorbeugend hingerichtet. Israels Führung scheint entschlossen, keinesfalls eine Regelung für diesen unerwünschten Bevölkerungsteil auf dem von ihm nach wie vor in wesentlichen Teilen beanspruchten Territorium zuzulassen, die einen Rest von eigenständigem palästinensischem Interesse den Charakter eines Staates verleihen würde. Dieser müsste sich notwendiger gegen Israel und sein Interesse an Land und absoluter Hegemonie in der Region richten. Deshalb sind die gerade in der EU kursierenden Konzepte, eine palästinensische Staatsgründung gemäß der Vorgabe einer Anerkennung der israelischen Sicherheitsinteressen würde dem Nahen Osten endlich den Frieden bringen, entweder interessierte Ignoranz oder geheuchelte Naivität.