Als vor einem Jahr die Finanzmärkte zusammenbrachen und die Realwirtschaft in bis dahin ungekanntem Tempo schrumpfte, kam der Kapitalismus ins Gerede. Leider sehr verkehrt. Auf die Diagnose: "Der Kapitalismus funktioniert nicht mehr", antworteten Elite und Volk mit dem dringenden Wunsch: Er möge schleunigst wieder funktionieren.
Inzwischen gibt es gute Nachrichten: Die vom Staat geretteten Banken machen weiter wie bisher und verdienen schon wieder zweistellige Milliardenbeträge; die Realwirtschaft schrumpft seit ein paar Monaten nicht weiter und die allgemeine Stimmung schaltet auf Optimismus. Zwar steht in allen Zeitungen, dass die Pleiten zunehmen werden, die Sanierung der Gewinne und Verschlankung der Firmen gerade in Gang kommt, und dass aus beiden Gründen ein großer Abbau von Arbeitsplätzen erst noch zu erwarten steht – aber das zählt wenig angesichts dessen, dass "die Welt doch nicht untergeht". Ein weiterer Schub der Verarmung von größeren oder kleineren Teilen der Bevölkerung ist als Preis des ersehnten Aufschwungs schon abgehakt.
Bewegt von der Sorge, der Kapitalismus könnte womöglich nicht mehr als Lebensgrundlage der Nation taugen, und voll der Hoffnung, dass er doch wieder in Ordnung kommt, stellt sich schon wieder kein Schwein die fälligen und nahe liegenden Fragen:
- Wofür wird in einem Land gearbeitet, produziert und konsumiert, wenn das Arbeiten zurückgefahren bis eingestellt wird, weil Milliarden-Spekulationen großer Geldhäuser daneben gehen?
- Warum steht alles Geld in Frage, auch das von normalen Arbeitnehmern hart für den Lebensunterhalt verdiente und zurückgelegte, wenn „Geldprodukte“ im Finanzmarkt wertlos werden, deren Namen man kaum aussprechen kann?
- Was ist das für ein Wirtschaftssystem, in dem nichts so "systemrelevant" ist wie Banken? Alles darf scheitern und pleite gehen – die Banken nicht!
- Was ist das für ein Staat, der – mit ungewissem Ausgang – seine ganze Macht über das Geld ein- und aufs Spiel setzt, um bankrotten Banken den Offenbarungseid zu ersparen?
Nie zeigen sich die Herrschaft des Kapitals und ihre Härten so offen wie in der Phase, in der die Kapitalverwertung – weil sie nicht gelingt – den materiellen Lebensprozess der Gesellschaft abwürgt. Insofern wirft die Krise ein grelles Licht auf die Normalität des Kapitalismus und gibt eine abgekürzte Aufklärung darüber, wie sich Reichtum und Arbeit in diesem System zu einander verhalten. Ein paar dafür nötige Überlegungen will der Vortrag ins Gespräch bringen.
Gliederung des Vortrags:
Teil 1: Einleitung - "Was wird aus unseren Arbeitsplätzen?" – Arbeit ist ausschließlich Dienst am Gewinn
Teil 2: "Was wird aus unserem Geld?“ – Geld dient dem Bankgeschäft oder ist weg
Teil 3: Die "Systemrelevanz der Banken" – Aus Schulden (mehr) Gewinn und Kapital machen, das ist das ganze System des Wirtschaftens
Teil 4: "Warum rettet der Staat die Banken mit Mrd, und für Arme hat er immer kein Geld?“ – Der Staat sichert kapitalistischen Reichtum und ausnutzbare Armut, denn dieses Produktionsverhältnis von abstraktem Reichtum ist seine Basis und sein Programm
Teil 5 + 6: Nachträge und Diskussion
Weitere Publikationen zum Thema von argudiss oder von anderen:
Das Buch „Das Finanzkapital“ beim GegenStandpunkt-Verlag
„US-Hypothekenkrise: Trockene Märkte, geschlossene Fonds, nervöse Anleger …“ Der Welterfolg einer neuen Technik finanzkapitalistischer Selbstbefriedigung macht weltweit Ärger Anmerkungen zu einer Finanzkrise der ganz modernen Art in GegenStandpunkt 3-07
Anmerkungen zur Krise ’08 in GegenStandpunkt 3-08
Anmerkungen zur Krise ’09 Lehren aus zwei Jahren Weltwirtschaftskrise in GegenStandpunkt 3-09
Das Ergebnis von 4 Jahren Krisenbewältigung „Die Krise ist zurück!“ in GegenStandpunkt 3-11
Anmerkungen zur Krise 2010 – Die nächste Lektion: Die Agenda der Krisenkonkurrenz der Nationen in GegenStandppunkt 3-10
Tagesordnung: Fortschritte in der Krisenkonkurrenz der Weltwirtschaftsmächte in GegenStandpunkt 4-11
Das Buch „Beschäftigung“ – „Globalisierung“ – „Standort“ Anmerkungen zum kapitalistischen Verhältnis zwischen Arbeit und Reichtum