Da ist sich jeder sicher: Wir leben grundsätzlich in einer „ “ und alles Produzieren hat seinen letzten Grund im Konsum. Auch wenn die Unterscheidung zwischen Kaufhäusern und Discountern, Anbietern und Billiganbietern oder Tourismus und low-budget-Reisen Zweifel an der Behauptung weckt. Denn unterscheiden sich bekanntermaßen gerade in ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis und das heißt nichts weniger, als dass der Genuss des Wohlstands eine relative Sache ist.
Wenn trotzdem darauf bestanden wird, dass das Ziel allen Wirtschaftens der Konsum ist, warum gehört dann zur beständigen Verbesserung des geschätzten Konsumklimas nie eine saftige Lohnerhöhung? Warum gilt dann beim Argumentieren für einen höheren Lohn nicht einfach das Bedürfnis des Konsumenten, sondern der Konsum immer nur in seiner Funktion als Wachstumsmotor?
Und dann hat die „Wohlstandsgesellschaft” auch noch einen weithin anerkannten Herrscher: König Kunde.
Dessen Bedürfnisse bestimmen, so die Vorstellung, was hierzulande auf den Tisch kommt oder auch nicht. Ein bisschen machtlos könnte sich ihre Hoheit aber schon vorkommen: Denn warum bemisst sich ihre Macht eigentlich am Inhalt ihres Geldbeutels, dessen Füllhöhe sich bestimmt nicht nach ihrem Bedarf richtet? Wie ist es eigentlich um dieses Regiment bestellt, wenn es sich auf die ihr von den Unternehmern Produkte beschränkt? Und warum können die ihre Produkte leider nur dann bereitstellen, wenn sie dabei auch Gewinne machen?
Auch die kritischen Geister erheben aus dieser Perspektive ihre Stimme, wenn sie nicht mehr bloß Wohlstand entdecken mögen: Kann man heute noch guten Gewissens einkaufen? Wie viel Kinderarbeit enthalten billige T-Shirts? Wie viel CO2-Emission verursacht der Rücktransport norddeutscher Krabben aus den Verarbeitungsstätten in Nordafrika? Wie viele Tagelöhner werden auf sizilianischen Plantagen mit Pestiziden vergiftet, die die Anwohner auch noch um brauchbares Trinkwasser bringen? Ist man es sich nicht schuldig, seine „Konsumentenmacht“ für konfliktfreie Wertschöpfungsketten in Anschlag zu bringen? Soll man die Wegwerfgesellschaft nicht boykottieren und ihr gar ein Schnippchen schlagen, indem man Containern geht? Das sind die Fragen, bei denen der kritische Konsument sich besinnt. Leider nicht auf Zweck und Charakter einer Produktion, die so etwas hervorbringt, sondern auf seine eingebildete Stellung als König Kunde, die kritisch „Verantwortlichkeit“ heißt. Mit einem ethisch wertvollen Einkaufszettel fühlt er sich weitgehend verantwortlich dafür und will richten, was in Fabrik, Personalbüro und im Parlament nach seiner Auffassung falsch gelaufen ist: Weil er per Einkauf „am System“ beteiligt ist, hält er seinen Konsum für die Ursache dieser Übel und will sie wiederum per Einkauf korrigieren. Das ist praktisch wirkungslos und theoretisch ebenso verfehlt wie die zitierten Varianten von Lob und Tadel an der „Konsumgesellschaft“. Das verdient eine Begründung.